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Nach 12 Jahren sind 75 % der Zeit mit unseren Kindern vorbei

Vater kuschelt mit seinem Baby auf der Couch
Zeit mit unseren Kindern ist das kostbarste Gut. / Bild © dusanpetkovic1, Adobe Stock

Seit einiger Zeit geistert dieser Spruch – so oder so ähnlich – durch die sozialen Medien. Aber was bedeutet er, was ist dran und was heißt das für uns Eltern?

Keine Studie, aber viel Resonanz

Es gibt jede Menge Posts in allen Sprachen, die den Spruch wiederholen:

„Mit 12 Jahren haben wir bereits 75% der Zeit mit unseren Kindern aufgebraucht.“

Sie alle stammen von Eltern, die darauf hinweisen wollen, wie wertvoll die Zeit mit unseren Kindern ist. Das stimmt. Schließlich erleben wir jede Phase und jeden Meilenstein unseres Kindes nur einmal. Und sie werden so schnell groß.

Aber sind die 75 Prozent belegt? Nein. Woher die Zahl stammt und wer sie das erste Mal in Umlauf brachte, lässt sich nicht herausfinden. Ist sie deshalb falsch? Wahrscheinlich nicht, denn …

Unsere Berechnungen ergeben sogar 90 %

Wir haben uns die Mühe gemacht und einmal sehr grob überschlagen, wie viele Stunden Eltern über die Jahre mit ihren Kindern erfahrungsgemäß verbringen – einzeln gesehen und im Durchschnitt. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass es im ersten Jahr nahezu 100 Prozent sein könnten. In den Jahren mit frühkindlicher Betreuung nähme die gemeinsame Zeit dann nach und nach ab. Sobald die Kinder allein schlafen und sobald sie nach der Schule eigener Wege gehen, würden sich die Stunden immer weiter reduzieren, bis sie – mittlerweile selbst erwachsen – nur noch an den Wochenenden oder ein paar Mal im Jahr vorbeischauten. Rein hypothetisch also und auf keinen Fall repräsentativ.  

Das Ganze haben wir bis zum 50. Lebensjahr des ehemaligen Kindes durchgespielt. Denn die statistische Lebenserwartung beträgt in Deutschland etwa 80 Jahre, wenn man Frauen und Männer zusammenrechnet, und das Durchschnittsalter bei Geburt des ersten Kindes liegt derzeit bei rund 30 Jahren.

Das Ergebnis: Eltern verbringen mit ihren Kindern nach unserer Rechnung durchschnittlich 40.000 Stunden ihrer eigenen Lebenszeit. 36.000 davon bis zum 13. Geburtstag, also bereits 90 Prozent in den ersten 12 Lebensjahren.

Die in den Posts genannten 75 Prozent erreichten sie bei unserer Rechnung schon nach 5 Jahren.

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Lebensrealitäten sind unterschiedlich

Du siehst, an der Zahl könnte etwas dran sein, sie könnte sogar noch höher ausfallen. Aber wir alle leben in unterschiedlichen Konstellationen und folgen individuellen Lebensentwürfen. Manche verbringen deutlich mehr Zeit mit ihren Kindern, weil ihr Kind Nähe stärker einfordert als andere oder weil sie es sich schlichtweg leisten können. Andere nutzen aus persönlichen Gründen frühe Betreuungsmöglichkeiten oder sind schon aufgrund ihres Jobs lange außer Haus. 

Und wer weiß schon, was später ist: Manche Menschen wohnen im Mehrgenerationenhaus und verbringen allein deshalb viel Zeit mit ihren Eltern, andere sehen sie nie oder haben den Kontakt ganz abgebrochen. Jede einzelne Variable verändert das Ergebnis.

Die Zahlen sind also keineswegs allgemeingültig. Und „klammern“ sollten wir als Eltern deswegen nicht. Denn irgendwann selbstständig zu werden, ist eines der wichtigsten Ziele von Heranwachsenden. Die Erkenntnis soll uns nur zu denken geben.

Was wir daraus mitnehmen können

Mütter und Väter sind in diesen Zeiten schon gestresst genug. Zusätzlichen Druck brauchen wir alle nicht. Dennoch zeigt die Rechnung vor allem eins:

Die gemeinsame Zeit mit unseren Kindern ist verdammt kostbar und die Jahre vergehen unglaublich schnell. Was wir jetzt verpassen, kommt nicht wieder.

Wer weiß, vielleicht gräbt sich die Zahl 75 (oder 90) in deinem Kopf auch so ein wie in unserem. Vielleicht auch nicht. Was wir aber alle tun dürfen, ist unsere Gewohnheiten im Alltag und unsere Entscheidungen im Leben immer wieder daran zu messen. Wir könnten uns zum Beispiel fragen:

  • ob das Handy in diesem Moment wirklich wichtiger ist, als das, was mein Kind mir gerade zeigen möchte …
  • ob das Foto von der Familienaktivität wirklich wichtiger ist, als der Moment selbst – auch wenn Erinnerungen festzuhalten natürlich total okay ist …
  • ob ich mein Kind vor dem Tablet parke oder doch lieber etwas mit ihm zusammen spiele …
  • ob die 3. Frühförderung oder die 5. Schul-AG wirklich sein müssen oder ob wir nicht eher einen entspannten Nachmittag pro Woche bräuchten …
  • ob nicht auch der Partner Elternzeit nehmen oder in Teilzeit gehen kann, damit er für sein Kind da sein kann …
  • ob wir die Kinderkrankentage wirklich arbeitend im Homeoffice verbringen wollen …

Wenn wir das machen, werden wir unsere Prioritäten im Alltag automatisch so setzen, dass wir in der kurzen Zeit, die wir miteinander haben, wirklich bei unseren Liebsten sind – mit allen Sinnen und mit ganzem Herzen. 

Nicht immer wird uns das perfekt gelingen. Eltern sind auch nur Menschen. Aber wir lernen jeden Tag dazu und entwickeln uns weiter. 

Die Qualität der gemeinsamen Zeit ist wichtig

Viele von uns können sich gar nicht aussuchen, wie viel Zeit sie mit ihren Kindern verbringen. Ihr Leben gibt es ihnen vor und Vergleiche diesbezüglich sind mehr als unfair. 

Wir können dich aber beruhigen: Statt der bloßen Stundenzahl ist vor allem die Art der gemeinsamen Zeit entscheidend. Jede Person kann nur für sich selbst beantworten, wie viel der freien Stunden sie bisher wirklich „zusammen“ mit ihren Kindern verbracht hat. 

Statt hektisch nachzurechnen, wie viel Zeit uns noch bleibt, dürfen wir uns als Eltern auf die Gelegenheiten konzentrieren, in denen wir mit unseren Kindern und miteinander verbunden sind. „Quality time“ als Familie trägt maßgeblich zur Entwicklung und zum Wohlbefinden unserer Kinder bei. Dabei meint „Qualität“ weder kompliziert noch teuer. Ganz im Gegenteil:

  • Entrümple den Familienkalender, damit möglichst viel freie, unbeschwerte Zeit übrig bleibt.
  • Sei präsent und aufmerksam, wenn ihr Zeit miteinander verbringt. Lege das Handy oder Tablet weit weg und konzentriere dich auf das Hier und Jetzt (wir wissen, wie schwer das ist).
  • Höre deinem Kind aktiv zu und ermutige es, seine Gedanken und Gefühle zu teilen, sobald es das kann. Nimm es ernst.
  • Plane regelmäßig gemeinsame Aktivitäten, die allen Spaß machen, sei es ein Ausflug in die Natur, den Sonntag auf der Couch oder die Gute-Nacht-Geschichte vor dem Schlafengehen. Die einfachen Dinge eben.

Wenn du all das machst, wird die tatsächliche Stundenzahl unwichtiger.

Fazit

Die Aussage „75 % der Zeit bis zum Alter von 12 Jahren“ soll uns Eltern daran erinnern, wie schnell die Zeit mit unseren Kindern verfliegt. Egal, wie viel Restzeit wirklich noch übrig ist: Es geht darum, bewusst präsent zu sein und die gemeinsame Zeit mit unseren Kleinsten zu genießen. Am besten ab heute.

Wie siehst du das ganze Thema? Ist es dir jetzt erst richtig bewusst geworden oder findest du alles etwas übertrieben? Teile deine Gedanken gern mit uns.

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Veröffentlicht von Anke Modeß

Als waschechte Berlinerin und späte Mutter eines Schulkindes schreibt Anke seit 7 Jahren über Themen, die Babyeltern im Alltag beschäftigen - am allerliebsten mit einer Prise Humor.

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