Close Babelli.deBabelli.de

Muss mein Kind still sein (können), wenn ich rede?

Kind verzieht Gesicht zu einem freudestrahlenden Schrei und springt in die Arme des Vaters.
Wann ist mein Kind alt genug, um mich ausreden zu lassen? / Bild © Halfpoint, Adobe Stock.

Einander ausreden lassen und richtig zuhören – ab welchem Alter ist das wirklich realistisch? Wir sind der Sache auf den Grund gegangen.

Wann Kinder Kommunikationsformen lernen

Sicher ist es dir wie vielen Eltern wichtig, dass dein Kind schon früh höfliche Kommunikationsformen nutzt.

Neben dem „Bitte“ und „Danke“-Sagen zählt dazu auch, dass das Kind aufmerksam zuhören kann und seine Eltern, Geschwister sowie andere Herzensmenschen ausreden lässt.

Doch in welchem Alter kann das Kind das auch wirklich umsetzen? Nun …

Wann Kommunikationsformen erkannt werden

Wenn du schon unsere übrigen Artikel kennst, wirst du wissen: Die Kleinkind-Entwicklung verläuft individuell. Es gibt Durchschnittswerte, letztlich hat jedes Kind allerdings sein eigenes Tempo. Und das ist wundervoll, denn nur so verinnerlicht es das Erlernte sicher und nachhaltig.

Etwa im Alter von 2 bis 3 Jahren bekommt das Kind eine Vorstellung davon, dass andere Menschen andere Gefühle haben (können), als es selbst. Und dass es vielfältige Ausdrucksformen gibt. 

Wenn es mit vielen anderen Menschen aufwächst, eine Krippe oder einen Bewegungskurs besucht, werden diese Erfahrungen noch verstärkt. Denn in diesen Kontexten hat das Kind automatisch mehr Reibungspunkte im Austausch mit anderen – und damit auch mehr Lernerfahrungen.

<span style="align:center; font-size: 18px">Video-Empfehlung:</span> <style> native-player { aspect-ratio: 16/9; display: block; } </style> <script type="text/javascript" src="//syndication.target-video.com/native-player.js" async=""></script> <native-player></native-player>

Um diese Werte auch aktiv umsetzen zu können, braucht es noch etwas Zeit. 

Wann das Kind es verinnerlicht

In der Regel üben die meisten Kinder im Vorschulalter, also zwischen 3 bis 6 Jahren, das aufmerksame Zuhören und „einander ausreden lassen“ ganz automatisch durch tägliche Spiele und Gespräche mit anderen Menschen. 

In der Kita wird das Ganze durch Morgenkreise oder gemeinsame Aktivitäten weiter verinnerlicht. Das Kind erkennt, dass es wichtig ist, auf andere Rücksicht zu nehmen und zu verstehen, was andere fühlen oder zu sagen haben.

Wann es das Ganze umsetzen kann

Etwa im Grundschulalter haben Kinder dann genügend soziale Erfahrungen gesammelt, um das Zuhören und Sprechen selbstständig und von innen heraus zu koordinieren.

Aber wie bei vielem hängt auch hier alles vom Entwicklungsstand, den Interessen, den Vorlieben und von der individuellen Persönlichkeit des Kindes ab. Wichtig für dich sollte sein, dein Kind nicht zu vergleichen. Es ist einzigartig, so wie es ist, und das gilt es wertzuschätzen.

Denn letztlich lernt das Kind ohnehin am ehesten durch …

Nachahmung, Nachahmung, Nachahmung

Dein Kind wird deine Art der Kommunikation in seinem eigenen Tempo nachahmen.

Wenn du andere Menschen ausreden lässt und gerne zuhörst, wird dein Kind es dir automatisch gleich tun. Das gilt sowohl für Gespräche innerhalb eurer Familie, als auch etwa für Small Talk während eines Einkaufs, die dein Kind natürlich auch mitbekommt.

Wenn du versuchst, dich selbst einmal aus der Vogelperspektive heraus zu beobachten, während du mit anderen Menschen sprichst, bist du auf der sicheren Seite. 

Frage dich …

  • Lasse ich andere Menschen ausreden?
  • Höre ich aufmerksam zu?
  • Stelle ich auch mal Fragen?
  • Sage ich ehrlich, authentisch und aufrichtig das, was ich meine?

Ansonsten brauchst du eigentlich nicht viel zu machen, damit dein Kind lernt zuzuhören und andere ausreden zu lassen. Ein Zwang oder eine Kontrolle von Außen bringen hier nicht viel und schüren sogar eher eine innere Ablehnung beim Kind.

Wo wir wieder bei der Frage wären: „Muss mein Kind still sein (können), wenn ich spreche?“ 

Stelle dir dafür gerne mal die Frage …

Lasse ich mein Kind ausreden, wenn es spricht?

Denn du kannst dir natürlich nur etwas von deinem Kind wünschen, wenn dasselbe auch für dich gilt. Lässt du dein Kind aussprechen und hörst ihm gut zu, darfst du dir dasselbe von ihm wünschen.

Wichtig: Wünsche sind Dinge, die erfüllt werden können, nicht müssen. Dein Kind ist ein Mensch und keine von dir kontrollierte Maschine.

Wir betonen das an dieser Stelle so deutlich, da das gegenseitige Aussprechen lassen und gutes, aufmerksames Zuhören eben ein Prozess ist und auch sein darf, der selten geradlinig verläuft. Und es braucht hier Ehrlichkeit, sich selbst gegenüber – denn als Elternteil trägst du die Verantwortung für eure Kommunikation, nicht dein Kind.  

Also: Nein, dein Kind muss nicht still sein können, wenn du sprichst. Es darf das Ganze noch lernen. 

Mehr zum Thema

Dennoch darfst du ihm diese Werte von Anfang an bewusst vorleben. Ist dein Kind im Grundschulalter, kannst du gezielt darauf achten, es zum Zuhören und Ausreden lassen zu animieren – sofern du selbst das auch umsetzt. Du könntest dann etwa so vorgehen …

Tipps, das Kind zum Ausreden lassen zu animieren

Auch hier gilt wieder: Animieren, nicht zwingen oder drängen!

Unterbricht dich dein Kind, könntest du liebevoll und gleichzeitig bestimmt sagen:

  • „Lou, ich spreche gerade. Mir ist es wichtig, das zu sagen, was ich sagen möchte. Bitte, warte, bis ich fertig bin. Dann kannst du etwas sagen.“
  • „Sascha, bitte schreie nicht, wenn ich gerade mit dir spreche. Du kannst mir gleich erklären, was du zu sagen hast, wenn ich fertig bin.“
  • „Kim, es ist wichtig, dass wir einander ausreden lassen. Ansonsten können wir gar nicht verstehen, was der andere zu sagen hat. Zuerst spreche ich meinen Satz zu Ende und dann kannst du sagen, was du im Kopf hast.“

Tipps, das Kind zum Zuhören zu animieren

Hört dein Kind nicht zu, wäre es hilfreich, den Grund zu hinterfragen. Das Ganze ist natürlich immer auch von der Situation, den Umständen und der Gefühlslage deines Kindes abhängig.

Letztlich kennst du es sicher auch von dir selbst: Es prasseln täglich so viele verschiedene Reize auf uns Menschen ein, dass es völlig natürlich ist, dass wir gelegentlich auch mal nicht zuhören. Beziehungsweise, dass es uns einfach etwas schwerer fällt oder wir mehrere Anläufe benötigen.

Hier ist nichts weiter dabei. Ein Kind, das nicht zuhört, ist möglicherweise mit etwas anderem beschäftigt, entweder innerlich oder äußerlich. Wichtig ist, das Ganze nicht zu bewerten. Denn das bringt weder eure Kommunikation voran, noch ist es förderlich für eure Bindung. Damit setzt du dein Kind nur unnötig unter Druck.

Am besten beschreibst du, was du fühlst und beobachten kannst: 

Beispiele: 

  • „Lou, ich habe den Eindruck, dass es dir gerade schwerfällt, mir zuzuhören. Was brauchst du gerade, sodass wir danach weitersprechen können?“
  • „Sascha, du hörst mir gerade nicht zu, kann das sein? Fällt es dir gerade schwer, mir zuzuhören?“
  • „Kim, ich spüre, dass du mir gerade nicht zuhörst. Du scheinst abgelenkt zu sein. Was würde dir gerade helfen, mir zuhören zu können?“
Mehr zum Thema

Fazit

Ausreden lassen und aufmerksames Zuhören darf gelernt sein. Lass deinem Kind die Zeit, die es dafür braucht und beobachte das Ganze möglichst wertfrei. Am besten verinnerlicht dein Kind das ganze ohnehin durch die tägliche Kommunikation mit Familie, Freunden, in der Kita, Schule und Freizeit. 

Begleite dein Kind darin, indem du ihm selbst ein gutes Kommunikations-Vorbild bist – sowohl in Gesprächen innerhalb eurer Familie, als auch mit anderen Menschen. 

Ab dem Grundschulalter kannst du dein Kind liebevoll und druckfrei dazu animieren, aufmerksam zuzuhören und andere ausreden zu lassen.

Ansonsten darfst du darauf vertrauen, dass dein Kind die Werte der Kommunikation erlernt, indem es dich nachmacht und eigene Erfahrungen sammelt. 

a787e13071cc4fa4adddc0dafa6b9eeb - Muss mein Kind still sein (können), wenn ich rede?
<iframe style="border-radius:12px" src="https://open.spotify.com/embed/episode/310SUS3DHtwbaU1feoO9QA?utm_source=generator" width="100%" height="152" frameBorder="0" allowfullscreen="" allow="autoplay; clipboard-write; encrypted-media; fullscreen; picture-in-picture" loading="lazy"></iframe>

Quellen

  • Davies, Uzodike, van Loon, Wirth (2022). Das Montessori Baby. Geborgen und mit offenen Sinnen ins Leben starten. Weinheim: Verlagsgruppe Beltz.
  • Largo, Remo H. (2016). Babyjahre. Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren (18. Auflage). München/Berlin: Piper Verlag GmbH.
  • Perls, Frederick S., Hefferline, Ralph F., Goodman, Paul (2015). Gestalttherapie. Grundlagen der Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung. (9. Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.
Veröffentlicht von Leonie Illerhues

Leonie war nach ihrem Studium der Heilpädagogik lange im Schulhort-, Kita- und Krippenbereich tätig. Erziehungs- und Entwicklungsthemen im Baby- und Kleinkindalter sind deshalb ihr Steckenpferd. Seit 2022 ergänzt Leonie unser Team mit diesem Schwerpunkt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert