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Ehegattensplitting: Was ist die richtige Steuerklasse nach der Geburt

Holzwürfel mit Steuerklassen 3/4/5 auf der Kippe
Die richtige Steuerklassenwahl stellt viele Ehepaare vor eine Herausforderung. / Bild © Fokussiert, Adobe Stock

Verheiratete Paare können derzeit zwischen drei verschiedenen Steuerklassenkombinationen wählen. Nur welche ist wann die richtige? Wir bringen Licht ins Steuerklassen-Dunkel. Los geht’s!

Das Wichtigste in Kürze

  • Es gibt verschiedene Steuerklassen, die nur verheiratete Paare wählen können.
  • Ein Wechsel der Steuerklassen ist mehrfach im Jahr möglich.
  • Die Steuerklassen 3 und 5 werden erst zu Ende 2029 abgeschafft.
  • Das Ehegattensplitting bleibt bestehen.

Spoiler: Auf die Frage nach DER Steuerklasse für die Zeit nach der Geburt gibt es keine pauschale Antwort. Es kommt auf die individuelle Situation deiner Familie an. Starten wir erst mal mit den verschiedenen Möglichkeiten.

Welche Steuerklassen gibt es für Verheiratete?

Für Verheiratete stehen bis Ende des Jahres 2029 folgende Kombinationen zur Auswahl:

  • 4/4
  • 4/4 mit Faktor
  • 3/5

Offiziell werden die Steuerklassen mit römischen Zahlen dargestellt, also IV/IV und so weiter. Wir haben uns für die ebenfalls gängigen arabischen Zahlen entschieden, um es lesbarer zu machen. 

Welche Steuerklasse soll ich nach der Geburt wählen?

Welche Steuerklasse nach der Geburt die beste ist, hängt von deiner individuellen Situation ab. Bevor wir darauf näher eingehen, ist für dich wichtig zu wissen: Durch die Änderung der Steuerklasse nach der Geburt änderst du nichts (mehr) am Elterngeld. Hier bleibt es für die Berechnung bei der Steuerklasse, die im Bemessungszeitraum überwiegend vorlag. 

Eheleute können die Steuerklasse auch mehrmals in einem Kalenderjahr ohne Angabe von Gründen tauschen – längstens bis 30. November eines Jahres für das laufende Jahr.

Kombination 4/4 – beide arbeiten und verdienen gleich viel

Geeignet für Elternpaare, die angestellt sind und gleich viel verdienen. Bleibt ein Elternteil in Elternzeit und der andere arbeitet angestellt weiter, bietet sich eher die Kombination 3/5 an. 

Kombination 3/5 – Längere Elternzeit von einem Elternteil oder starker Einkommensunterschied

Hier kann der angestellt arbeitende Elternteil die Steuerklasse 3 wählen. So habt ihr monatlich  mehr Geld zur Verfügung. Legt dennoch etwas Geld beiseite, denn durch das Elterngeld kommt es voraussichtlich zu einer Nachzahlung bei der Einkommensteuer. Zur Abgabe einer Steuererklärung seid ihr bei der Kombi 3/5 ohnehin verpflichtet.

Ist der andere Elternteil ausschließlich (!) selbstständig, kannst du jederzeit die Steuerklasse 3 für dich beanspruchen. 

Seid ihr beide angestellt? In diesem Fall solltet ihr schauen, wie groß euer Einkommensunterschied ist. Die Kombi 3/5 ist dann sinnvoll, wenn der Verdienst zum Haushaltseinkommen 60/40 oder noch weiter auseinanderliegt. Der Besserverdiener zahlt so weniger Lohnsteuer und ihr habt monatlich mehr Gehalt zur Verfügung.

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Was ist eigentlich Lohnsteuer?

Die Lohnsteuer ist eine Vorauszahlung auf die voraussichtliche Einkommensteuer. Je nach Steuerklasse führt dein Arbeitgeber sie für dich an das Finanzamt ab. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung wird dann die tatsächliche Einkommensteuerlast (je nach Veranlagungsart) mit der Vorauszahlung aus der Lohnsteuer verrechnet. So kommt es dann zu einer Steuernachzahlung oder -erstattung. 

Was ist das Ehegattensplitting?

Bei jeder Einkommensteuererklärung habt ihr die Wahl, ob ihr einzeln oder zusammen veranlagt werden wollt. Letzteres führt zum Ehegattensplitting, eine vorteilhafte Möglichkeit der Besteuerung für Eheleute oder auch Lebenspartner. Das Splittingverfahren geht so:

Eheleute sind für das Finanzamt eine Wirtschaftsgemeinschaft. Es rechnet also zunächst die beiden Einkommen zusammen. Im nächsten Schritt teilt das Finanzamt das gemeinsame zu versteuernde Einkommen (kurz: zvE) durch zwei. Auf dieses halbe Einkommen wird die Einkommensteuer berechnet und für die tatsächliche Besteuerung verdoppelt.  

Keine Sorge, das passiert alles automatisch beim Finanzamt. Du musst nichts berechnen. Aber Achtung: Eine Einzelveranlagung kann manchmal günstiger sein. Steuerprogramme  wie z.B. Tax 2024 oder Wiso Steuer 2024 geben Empfehlungen, was sich im jeweiligen Fall mehr rechnet.

Wird das Ehegattensplitting abgeschafft?

Nein, das Ehegattensplitting bleibt bestehen. Nur die Steuerklassen 3 und 5 sollen langfristig abgeschafft werden. Stattdessen wird das sogenannte Faktorverfahren mehr in den Fokus rücken. Dieses Verfahren gibt es bereits seit 2010. Gemeint ist die Steuerklassenkombination 4/4 mit einem “Faktor”. Was dieser ominöse Faktor genau ist, folgt jetzt.

Was ist das Faktorverfahren?

Das Faktorverfahren ist die eine Alternative für Ehepaare, die nicht die Kombination 4/4 oder 3/5 wählen wollen. Das Finanzamt berechnet diesen Faktor für dich bzw. euch. Er führt bereits in der Lohnabrechnung zu einer gerechteren Verteilung der Steuer.  

Beispiel
Ehegatte A verdient 36.000 €, Ehegatte B verdient 20.400 € brutto. Beide sind in der Steuerklasse 4. 

Ehegatte A für 36.000 € = 4.128 € Lohnsteuer
Ehegatte B für 20.400 € = 811 € Lohnsteuer
= Summe Lohnsteuer 4.939 €

So errechnet sich der Faktor für beide:

4.780 Euro voraussichtliche Einkommensteuer der Eheleute nach Splittingtarif
: 4.939 Euro Summe der berechneten Lohnsteuer beider Ehegatten 
= 0,967

Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklasse 4/4 mit Faktor 0,967:

Ehegatte A für 36.000 € (4.128 € x 0,967) = 3.991 €
Ehegatte B für 20.400 € (811 € x 0,967) = 784 €

Dir würde in diesem Fall also monatlich weniger Lohnsteuer abgezogen werden. Der Faktor wird nur in der ELStAM-Datenbank “eingetragen”, wenn er kleiner 1 ist. 

Quelle: Merkblatt zur Steuerklassenwahl 2023 des Bundesfinanzministeriums (Stand: 14.02.2023)

Lohnsteuer in den verschiedenen Kombinationen

Nachfolgend siehst du, wie sich die Steuerklassen in unserem Beispiel auf die Lohnsteuer auswirken würden. Steuersparende Sachverhalte sind in die Berechnung nicht miteingeflossen.

Steuerklassentabelle mit Lohnsteuervergleich

Was die Tabelle zeigt

  1. Die voraussichtliche Einkommensteuer bleibt beim Ehegattensplitting trotz unterschiedlicher (Steuerklassen-) Kombination immer gleich! Der Unterschied am Ende des Jahres ist also nur, ob ihr zu viel oder zu wenig vorausgezahlt habt.  
  2. Die Kombination 4/4 führt zu einer Erstattung von ca. 160 Euro. Die monatliche Lohnsteuer war also ein wenig zu hoch angesetzt.
  3. Im Faktorverfahren ist die Steuer unterjährig deutlich fairer verteilt als bei der Variante 3/5. Dass trotzdem 5 Euro fällig werden, liegt  sehr wahrscheinlich an Rundungsdifferenzen.
  4. Die Steuerklassenkombination 3/5 ist wirklich nachteilig für den Ehegatten, der weniger verdient. Die hohen Abzüge motivieren kaum zum Arbeiten.  Ebenfalls nachteilig, wenn der Bezug von Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld I absehbar ist. Dann am besten in die 4 wechseln.

Die mit Abstand ungünstigste Steuerklasse ist die 5. Die steuermindernden Freibeträge bekommt der andere Ehegatte, da sie beinahe alle in der 3 berücksichtigt sind. Hier wäre gerecht, wenn die Eheleute untereinander einen Ausgleich vornehmen – zum Beispiel mithilfe des Lohn- und Einkommensteuerrechners vom Bundesministerium für Finanzen.

Sollen wir jetzt schon das Faktorverfahren wählen?

Diese Entscheidung liegt bei euch. Möglich ist es. Wenn ihr die Steuerbelastung im Laufe des Jahres schon gerechter angehen möchtet, dann ja! Wenn ein weiteres Kind geplant ist, nutzt besser noch den Steuerklassentrick.

Ausblick 2030: Steuerklasse 3 und 5 fallen weg

Die aktuelle Bundesregierung möchte die derzeit bestehende Ungleichheit bei der Lohnabrechnung beenden. Besonders der schlechter verdienende Ehegatte ist durch diese spezielle Kombination im Nachteil – oft sind das die Frauen. Daher soll die Steuerklassen 3 und 5 entfallen.   Viele Gesetze hängen jedoch mit den Steuerklassen zusammen. Die Änderung ist daher nur mit der angekündigten langen Vorbereitungszeit machbar. 

Wenn es 2030 dann so weit ist, sollen alle Personen in der Kombination 3/5 automatisch in das Faktorverfahren überführt werden.

Fazit

Für Personen, die die Steuerklasse 3 hatten, sinkt ab 2030 das monatliche Netto. Wer bisher dann in der Steuerklasse 5 eingeordnet war, hat monatlich unterjährig mehr raus. Eine große Nachzahlung im Rahmen der Steuererklärung entfällt zukünftig. 

Allerdings bedeutet die Änderung, dass Eltern ab 2030 weniger Elterngeld bekommen und auch weitere Lohnersatzleistungen geringer ausfallen als bisher. Es bleibt abzuwarten, wie und ob sich Gesetze, die auf die Steuerklasse Bezug nehmen, ebenfalls verändern. 

Bis Ende 2029 können Eheleute die beliebte Kombination der Steuerklasse 3 und 5 noch wählen, beispielsweise um das Elterngeld zu verbessern. Unser Tipp: Unbedingt noch so lange den Steuerklassentrick nutzen!

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Quellen

Veröffentlicht von Yvonne Nagel

Yvonne ist Steuerfachwirtin und bringt 15 Jahre Erfahrung im Steuer- und Lohnbereich durch ihre Tätigkeit im Steuerbüro mit. Seit 2018 ist sie unsere Expertin rund um das Thema Formalitäten, Elterngeld und Elternzeit. Wenn sie nicht eure Fragen rund um Behördengänge und Formalitäten beantwortet oder neue Videos für euch aufnimmt, sitzt sie gern am Basteltisch und ist mit Papier und Stempeln kreativ.

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