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Was ist eine natürliche Geburt?

Die natürliche Geburt

Die meisten Frauen wünschen sich eine möglichst natürliche Geburt. Doch was genau ist eigentlich eine natürliche Geburt und welche Vorteile und Risiken sind damit verbunden? Kann man im Vorfeld etwas dafür tun, dass der Wunsch nach einer natürlichen Geburt in Erfüllung geht?

Definition: Natürliche Geburt

Als natürliche Geburt wird eine vaginale Geburt verstanden, die spontan beginnt und ohne ärztliches Eingreifen verläuft. 

Der Muttermund öffnet sich selbstständig und im weiteren Verlauf entwickelt sich ein Rhythmus von Wehen und Wehenpausen, bei dem das Kind schließlich durch unwillkürlichen Pressdrang geboren wird. 

Die natürliche Geburt wird auch als normale Geburt bezeichnet, auch wenn Geburten ganz ohne medizinisches Eingreifen heute gar nicht mehr so „normal“ sind, wie Hebamme Jana Friedrich in ihrem Hebammenblog anmerkt. Warum?

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Wie sehen normale Geburten heute aus?

Der medizinische Fortschritt hat Geburten einerseits sicherer gemacht. Andererseits hat er dafür gesorgt, dass die Risiken einer Geburt heute oft überbetont werden. Das schürt Ängste und stiftet Verunsicherung bei den Frauen, aber auch bei den Geburtshelfern, die nicht zuletzt auch rechtliche Konsequenzen fürchten müssen, sollte etwas nicht nach Plan verlaufen. 

Deshalb werden Geburten heute normalerweise durchgängig technisch überwacht und bei Bedarf „unterstützt“, zum Beispiel durch die medikamentöse Einleitung, die Gabe von Schmerzmitteln, das künstliche Fördern der Wehen oder die Anwendung bestimmte Verfahren, die die Geburt beschleunigen sollen (etwa Geburtszange, Saugglocke oder Dammschnitt). Nicht zuletzt steht am Ende einer komplizierten Geburt immer auch die Möglichkeit, sie im OP als (Not-) Kaiserschnitt zu beenden. Aus verschiedenen Gründen entscheiden sich einige Schwangere auch direkt für einen Kaiserschnitt, wobei die Rate der Wunschkaiserschnitte mit zwei bis drei Prozent eher gering ist.

Die modernen medizinischen und technischen Möglichkeiten der Geburtshilfe sind ein Segen, nicht falsch verstehen!

Die Frage ist häufig nur, ob medizinische Interventionen wirklich notwendig sind oder zu oft voreilig zum Einsatz kommen und so die natürlichen Vorgänge der Geburt unnötig behindern. 

Achtung: Uns ist bewusst, dass es nicht immer die besten Voraussetzungen für eine natürliche Geburt gibt. Die Kindslage, die Lage der Plazenta, Erkrankungen oder andere Beeinträchtigungen von Mutter und Kind können unter Umständen ein zu großes Risiko für eine natürliche Geburt darstellen. In diesen Fällen ist der Kaiserschnitt die sicherste Entbindungsmethode.

Deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt sowie deine Hebamme können dich in deinem individuellen Fall am besten zu den Risiken und Chancen einer natürlichen Geburt oder eines Kaiserschnitts beraten.

Die natürliche Geburt ist ein störanfälliger Prozess

Der weibliche Körper ist dafür gemacht, Babys zu gebären. Sicher hat es die Evolution uns Menschen nicht besonders leicht gemacht. Durch den aufrechten Gang ist unser Becken vergleichsweise schmal, dafür der kindliche Kopf dank hochentwickeltem Gehirn verhältnismäßig groß. Der Weg durch den Geburtskanal ist dementsprechend eng. 

Und trotzdem ist die Geburt eines Kindes ein natürlicher Vorgang, der in den allermeisten Fällen ohne medizinische Unterstützung gelingt (oder gelingen sollte). Dafür sorgen körpereigene Botenstoffe, also Hormone, die das Geschehen vorantreiben und gleichzeitig die Mutter schützen, beschreibt „Der Geburtscoach“ Dr. Wolf Lütje in seinem Buch „Vertrauen in die natürliche Geburt: Gelassen und entspannt in den Kreißsaal“:

  • Oxytocin: Oxytocin spielt nicht nur eine wichtige Rolle beim Bonding nach der Geburt, es bewirkt auch effektive Kontraktionen, die das Kind auf die Welt schieben. Zudem lässt es Wunden schneller heilen und lässt Geburtsschmerzen vergessen.
  • Adrenalin: Adrenalin reguliert die Wehenstärke, lässt Schmerzen besser ertragen und schenkt auf den letzten Metern noch einmal Kraft für die letzten Schübe.
  • Endorphine: Die Glückshormone beruhigen bei Ängsten und fördern positive Gefühle, wie Euphorie und Befriedigung. Zudem wirken sie wie körpereigene Schmerzmittel und unterstützen das „Fallenlassen“ in den Geburtsvorgang. Nach der Geburt fördern Endorphine die Mutter-Kind-Bindung und helfen dabei, die Anstrengungen der Geburt und der ersten Zeit mit dem Neugeborenen besser zu bewältigen.
  • Prostaglandin: Dieses Hormon macht den Muttermund weich, lässt ihn sich öffnen und unterstützt die Wehen.
  • Prolaktin: Prolaktin ist nicht nur wichtig für die Milchbildung, es fördert auch die Mutter-Kind-Bindung und „mütterliches Verhalten“, also den Instinkt der Frau, Bedürfnisse des Babys zu erkennen und zu priorisieren.

Dieses Zusammenspiel der geburts- und bindungsrelevanten Hormone ist fein aufeinander abgestimmt. Interventionen von außen könnten Mutter und Kind aus dem Rhythmus bringen. Durch eine Einleitung oder eine Oxytocingabe zur Förderung der Wehen unter der Geburt beispielsweise könnten Vorgänge pressiert werden, für die Mutter und Kind noch nicht bereit sind. In der Folge sind verschiedene Probleme denkbar, wie veränderte Herztöne des Kindes, eine Zunahme der Belastung, mit der die Mutter nicht mehr umgehen kann, weitere Interventionen, Geburtsverletzungen oder letzten Endes die Beendigung der Geburt durch einen sekundären Kaiserschnitt.

Natürlich kommt es nicht zwingend so, wenn unter der Geburt medizinisch eingegriffen wird! Aber dass eine Intervention eine weitere nach sich zieht, ist zumindest nicht ungewöhnlich. Deshalb wäre es für den Geburtsprozess theoretisch das Beste, wenn so wenig wie möglich eingegriffen wird – die Geburt eben so natürlich wie möglich abläuft.

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Was unterstützt eine natürliche Geburt?

Strebst du eine natürliche Geburt an, lautet die Devise: Vorbereitung ist das A und O. Ein Geburtsvorbereitungskurs informiert dich umfassend über den genauen Ablauf der Geburt und darüber, wie du die Geburt unterstützen kannst. Das Wissen, was gerade passiert, wie du mit den Wehen umgehen oder deinem Baby den Weg auf die Welt erleichtern kannst, kann dir die nötige Sicherheit vermitteln und dabei helfen, die Kontrolle zu behalten. 

Weitere Methoden der mentalen Vorbereitung, wie Meditation, Hypnobirthing oder Die Friedliche Geburt, können dir zusätzlich den Weg ebnen für ein schönes und selbstbestimmtes Geburtserleben. 

Auch der Geburtsort spielt eine Rolle. Ruhe, Wärme, gedämpftes Licht, Vertrauen und eine professionelle, aber zurückhaltende Begleitung schaffen die besten Voraussetzungen für einen ungestörten Geburtsprozess. 

Eine Hausgeburt oder das Geburtshaus schaffen sicher die beste Wohlfühl-Atmosphäre, nicht zuletzt wegen der sicheren Eins-zu-Eins Betreuung durch eine Hebamme des Vertrauens. Aber auch im Krankenhaus ist eine natürliche Geburt möglich – mit der Sicherheit im Rücken, bei medizinischen Notfällen sofort die beste Behandlung zu bekommen. Viele moderne Kreißsäle sind heute so eingerichtet, dass sie eine relativ intime Atmosphäre gewährleisten und Frauen sich dort wohlfühlen können. Im Krankenhaus ist jedoch – leider! – nur selten eine Eins-zu-Eins Betreuung garantiert, auch wenn die Leitlinien dies empfehlen.

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Wird im Krankenhaus häufiger interveniert?

Betrachtet man die Zahlen, scheinen Hausgeburten und Geburtshäuser ein besseres Outcome zu haben als Klinikgeburten: weniger Geburtsverletzungen, weniger Kaiserschnitte, fitte Kinder, zufriedenere Mütter. 

Jedoch darf man an der Stelle nicht vergessen: Eine außerklinische Geburt ist nur den Frauen vorbehalten, bei denen keine geburtsrelevanten Risikofaktoren vorliegen. Interventionen sind bei ihnen sowieso seltener nötig als bei Risikogeburten, egal ob im Geburtshaus oder in der Klinik. 

Zumindest liegt jedoch der Gedanke nahe, dass auch bei eigentlich unkomplizierten Geburtsverläufen in der Klinik häufiger interveniert wird, beispielsweise um sie zu beschleunigen und das Kreißsaalbett für die nächste Frau frei zu bekommen. Oder aus einer übergroßen Vorsicht, um möglichen rechtlichen Konsequenzen vorzubeugen.

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Schreibe einen Geburtsplan

Du legst Wert auf eine natürliche Geburt? Wir legen dir ans Herz, einen Geburtsplan zu verfassen. In Zusammenarbeit mit deiner Hebamme oder dem Geburtsteam vor Ort kannst du deine Wünsche in den Wochen und Tagen vor der Geburt auf Papier bringen. Was genau ein Geburtsplan ist, was alles hinein gehört und eine praktische Vorlage zum Download findest du in unserem Artikel: Geburtsplan erstellen

Was spricht gegen eine natürliche Geburt?

Verlief die Schwangerschaft unkompliziert und gibt es keine eindeutigen Indikationen für Interventionen von vornherein, spricht gar nichts gegen eine natürliche Geburt. Hebammen und andere Geburtshelfer streben zunächst immer eine natürliche Geburt an, sollte es sich die werdende Mutter im Vorfeld nicht konkret anders wünschen (Wunschkaiserschnitt, „auf jeden Fall eine PDA“).

Allerdings: Geburten kann man nicht vergleichen, schon gar nicht von Frau zu Frau. Eine Geburt ist immer ein sehr individuelles Erlebnis. Die einen empfinden sie als etwas Befriedigendes, fast schon Magisches und höchst Beglückendes. Andere kommen mit den Schmerzen, dem Gefühl von Kontrollverlust und der Angst vor dem Unbekannten weniger gut zurecht, egal wie gut und womit sie sich vorbereitet haben. 

Die Aussicht auf effektive Schmerzlinderung, beispielsweise durch eine PDA oder andere Methoden, kann ängstlichen Frauen dabei helfen, zuversichtlicher und sicherer in die Geburt zu gehen. Die Möglichkeit, ihnen durch medizinische Interventionen die Geburt auf irgendeine Art zu erleichtern (und sei es „nur“ durch Schmerzlinderung), sollten also nicht von vornherein verteufelt werden. 

Und leider ist nicht jede Intervention in der Geburtshilfe eine Sache von Wollen oder Nicht. Manchmal erfordern es der Geburtsverlauf und das Wohlergehen von Mutter und Kind, dass die Geburt von außen unterstützt oder schnellstmöglich im OP beendet wird. 

Wichtig ist eine gute Kommunikation zwischen der Gebärenden, ihrem Partner und den Geburtshelfern für eine selbstbestimmte und positiv empfundene Geburt, auch, wenn diese nicht ganz ohne Interventionen verläuft.

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Fazit

Der weibliche Körper ist bestens dafür ausgestattet, Kinder zu gebären. Während der natürlichen Geburt werden im Körper wichtige Prozesse angestoßen. Ein wahrer Hormoncocktail hilft dem Baby auf die Welt und stößt bei der Mutter wichtige Rückbildungsprozesse an. Das Baby bekommt die Zeit, die es benötigt und profitiert von einer natürlichen Impfung durch die mütterlichen Bakterien im Geburtskanal, anders als bei einem Kaiserschnitt. 

Aber nicht immer klappt das alles so perfekt. Wer ein Kind bekommt, sollte sich dessen bewusst sein, dass die Geburt nicht planbar ist. Gut, dass wir heute so viele Möglichkeiten haben, um die Gefahren der Geburt zu minimieren. 

Das geht manchmal mit ganz natürlichen Methoden mit der Hilfe einer Hebamme. Es kann aber genauso vorkommen, dass eine medizinische Intervention notwendig wird, um die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen. Dann sollte man dankbar sein, dass wir diese Möglichkeiten heute haben.

🎧 Podcast: Empowered Birth – Deine Geburtsrechte

Weißt du eigentlich, welche Rechte du als gebärende Frau hast? Melanie, angehende Fachärztin für Gynäkologie, erklärt sie dir in unserem Podcast! Wenn dir die Folge gefallen hat, dann abonnier unseren Podcast direkt bei Spotify oder iTunes, um keine weiteren Folgen mehr zu verpassen.

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Quellen

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✔ Inhaltlich geprüft am 05.09.2024
Dieser Artikel wurde von Emely Hoppe geprüft. Wir nutzen für unsere Recherche nur vertrauenswürdige Quellen und legen diese auch offen. Mehr über unsere redaktionellen Grundsätze, wie wir unsere Inhalte regelmäßig prüfen und aktuell halten, erfährst du hier.

Veröffentlicht von Sibylle Grenz

Als Mutter eines quirligen Kleinkindes schreibt Sibylle leidenschaftlich gern über Erziehungsthemen, aber auch Themen aus der Schwangerschaft. Gemeinsam mit unserem Hebammen- und Pädagoginnen-Team arbeitet sie Fragen der babelli-Community auf und beantwortet sie fundiert und praxisnah.

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